Raubgold

Raubgold
Raub|gold 〈n. 11; unz.〉 von den Nationalsozialisten beschlagnahmtes Gold

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Raub|gold, das:
von den Nationalsozialisten unrechtmäßig in Besitz genommenes [Gold]vermögen aus vorwiegend jüdischem Besitz.

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Raubgold,
 
auch Nazigold, Schoah-Gold, schlagwortartige Bezeichnung für die von den Nationalsozialisten, besonders der SS, zwischen 1933 und 1945 ins Ausland (v. a. in die Schweiz) transferierten jüdischen Vermögenswerte. Dazu gehören im engeren Sinn die von den Nationalsozialisten zur Finanzierung kriegswichtiger Güter v. a. an die Schweizerische Nationalbank verkauften Goldbestände, die - nach Erschöpfung der deutschen Goldreserven - zum Teil aus dem Zentralbankvermögen der besetzten Staaten, zum Teil aus eingezogenem jüdischem Besitz (»Arisierung«) und aus Konzentrationslagern (umgeschmolzenes »Totengold« bzw. »Blutgold«: u. a. Eheringe, Armbänder, Uhrketten, Goldzähne, angeblich 20 % des gesamten Raubgolds) stammten. Im weiteren Sinn werden zum Raubgold auch enteignete oder auf sonstige Weise den rechtmäßigen Eigentümern weggenommene Wertgegenstände wie Gold, Schmuck und Kunstwerke (»Raub-« beziehungsweise »Beutekunst«) gezählt, die teilweise über neutrale Staaten weiterverkauft wurden (Raubgut). In engem Zusammenhang mit dem Raubgold wird über nachrichtenlose Vermögen diskutiert, d. h. nach 1945 ruhende Auslandsbankguthaben von Opfern des Holocaust.
 
 
Im Washingtoner Abkommen vom Mai 1946 verpflichtete sich die Schweiz zur Zahlung von 250 Mio. sfr in Gold (verbliebenes deutsches Auslandsvermögen) an die Alliierten als Reparationsausgleich für Goldgeschäfte der Nationalbank mit der Deutschen Reichsbank. Nach Abkommen von 1949 mit Polen und Ungarn transferierte die Schweiz »erbeloses Eigentum« polnischer beziehungsweise ungarischer Holocaust-Opfer in die betreffenden Staaten. Ende 1962 waren die schweizerischen Banken erstmals verpflichtet worden, noch vorhandenes Vermögen 1933-45 rassisch oder politisch Verfolgter zu melden; sie hatten 9,5 Mio. sfr deklariert, die größtenteils den Erben oder anderen Berechtigten ausgezahlt wurden. Nach der Auswertung bisher (außer für konzedierte Forschung) gesperrter Akten aus Großbritannien und den USA wurden ab 1995 auf Druck ausländischer Medien sowie des Jüdischen Weltkongresses, unterstützt von der US-Regierung, neue Nachforschungen betrieben; Februar 1996 gaben die schweizerischen Banken bekannt, dass sie 775 Konten und Depots mit 39 Mio. sfr ermittelt hätten, die von ausländischen Kunden vor 1945 eröffnet worden und seither oder mindestens zehn Jahre nachrichtenlos waren, davon 516 Konten mit einem Gesamtguthaben von 28,5 Mio. sfr aus Deutschland. Im April 1996 ergab sich bei einer Anhörung des Bankenausschusses des US-Senats mit Hinweis auf erstmals öffentlich zugängliche Dokumente amerikanischer Regierungsarchive der dringende Verdacht, dass schweizerische Banken den Angehörigen und Nachfahren ermordeter Juden Millionenbeträge vorenthielten. Nun erklärten sich die Banken zu einer erneuten Suche (nach weiter gesteckten Kriterien) bereit. Bis Ende 1997 waren so rd. 78 Mio. sfr nachrichtenloser Vermögen von Ausländern wie Schweizern erfasst, von denen 12 Mio. schweizerischer Herkunft sind; von den ausländischen Konten betrifft nur ein Teil jüdischer Vermögenswerte. - Auch der Verbleib der tatsächlichen Goldbestände konnte (bisher) nur teilweise aufgeklärt werden.Die Schweiz errichtete 1997 die »Schweizerische Stiftung für Solidarität«, gespeist aus den Zinsen der Aufwertungsgewinne der Nationalbank. Für bedürftige Überlebende des Holocaust wurde die private schweizerische Stiftung »Fonds für Menschlichkeit« geschaffen. - Die auch von der Öffnung osteuropäischer Archive beförderte internationale Raubgolddebatte weitete sich aus zu einer intensiven Hinterfragung der Friedens- und Flüchtlingspolitik der Schweiz im Zweiten Weltkrieg sowie aller an nationalsozialistischem Raubgoldtausch- und Devisengeschäften beziehungsweise dem Zwischenhandel mit »Beutekunst« (Kulturgut) und Rüstungsgütern beteiligten Länder wie Portugal, Schweden, Frankreich, die Niederlande und weiterer Staaten, aber auch Unternehmen und Privatpersonen.Die - auch durch die (teilweise) Aufhebung des schweizerischen Bankgeheimnisses von 1934 - intensivierte Erforschung der Rolle der schweizerischen und deutschen (Groß-)Banken im Holocaust und Krieg sowie der Verwicklung von unterschiedlichen Unternehmen, Privatpersonen und Ländern in nationalsozialstische Raubgoldtausch- und Devisengeschäfte, in den Zwischenhandel mit »Beutekunst« (Kulturgut) und Rüstungsgütern erbrachte neue Erkenntnisse über die wirtschaftliche Kollaboration vieler Staaten mit NS-Deutschland sowie die Verflechtungen der europäischen Kriegswirtschaften. Die nach Beschluss beider Kammern des Schweizer Parlaments vom Dezember 1996 gebildete und aus nationalen bzw. internationalen Historikern bestehende »Unabhängige Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg« (UEK) unter Vorsitz von Jean-François Bergier legte - nach Zwischenberichten 1998 und 1999 - im März 2002 ihren Schlussbericht vor; im Dezember 2001 war ihre erfolgreiche Arbeit für beendet erklärt worden.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Holocaust · Schweiz (Geschichte) · Vergangenheitsbewältigung

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Raub|gold, das: Nazigold: Im Mai 1937 trat er der SS bei und wurde drei Jahre später ... mit einer Schlüsselstelle in Sachen »Raubgold« betraut. Als Kripochef von Litzmannstadt, dem heutigen Lodz, richtete er sein Hauptaugenmerk auf die Beschlagnahme von Schmuck, Gold und Devisen der im Ghetto von Lodz zusammengepferchten Juden (taz 14. 3. 98, 30).

Universal-Lexikon. 2012.

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